Einige unsichtbare Dinge optimierte der gelernte Gleisbauer allerdings. So dreht sich die Schwinge heute in hochwertigen und grosszügig dimensionierten Rollenlagern, die passende Achse dazu fertigte sein Bruder an, der Feinmechaniker ist. Honda setzt übrigens tatsächlich ab Werk Kegelrollenlager für die Führung des Lenkkopfs ein. Aufgrund ihrer speziellen Konstruktion und aufgrund von Fertigungsungenauigkeiten arbeiteten die aber nur selten spielfrei. Ein Umrüstsatz der Firma Schwarz aus dem schwäbischen Urbach behebt das Problem zum Preis von rund 200 Mark dauerhaft und schaltet heute auch bei unserem Schweizer Top-Exemplar einen wesentlichen Faktor der Fahrwerksunruhen aus. Die originalen Gabelfedern spannte Schleiss mit selbst gedrehten Hülsen vor, hinten griff er auf neue Originalfederbeine zurück. Die schon kurz angesprochen Ersatzteilversorgung für klassische Honda ist erstaunlich gut, besser beispielsweise als für die drei anderen grossen japanischen Marken. Vertragshändler können noch vieles in der Zentrale ordern, aber dennoch gibt es inzwischen Engpässe.

Club-Mann Holger Brumby nennt die wohl wichtigsten zwei: "Originale Auspuffanlage und Lackteile wie der Heckbürzel oder der Tank. Ab und zu taucht zwar noch mal ein neuer Spritbehälter auf, aber der kostet dann meist locker über 1000 Mark. Und auch der letzte Listenpreis der 6-in-2-Anlage war mit 3500 Mark wohl eher etwas zum Abgewöhnen. Seitendeckel, Heckbürzel und auch eine optisch originale Auspuffanlage fertigt zwar mittlerweile der australische CBX-Club nach, aber das V2A-Teil kostet beispielsweise auch 3000 Mark - plus Transport ..."
Womit die ultimative Katastrophe für all diejenigen, die ein originales Motorrad aufbauen wollen, auch schon skizziert wäre: der Veterama-Fund mit 6-in-1-Brühlrohr, Höckersitzbank, Alutank und Sportschutzblechen. Wenn dann noch der Mulitiplikator in Sachen Motor-Innereien ins Spiel kommt, kann der "glückliche" CBX-Novize zuzüglich zum "Schnäppchenpreis" die ersten 10'000 Mark für die Komplettierung seiner günstigen Gelegenheit auf die Seite schaffen ...

Walter Schleiss hatte Glück. Für sein 1978er Exemplar fand er bei einem befreundeten Honda-Mann einen praktisch neuen Tank in Originalverpackung, der nur einmal probehalber montiert worden war, ehe er einem Alutank weichen musste. 160 Franken liess sich der Schweizer anschliessend das Vergnügen kosten, den Farbton exakt zu analysieren ehe ein Profi das Meisterstück vollbrachte, aus sechs Farbschichten eine Oberfläche zu zaubern, die nicht vom Original zu unterscheiden ist. Ergebnis der Mühen: Ein Motorrad, das tatsächlich so wirkt, als sei es nicht restauriert, sondern erst vor einem halben Jahr aus der Transportkiste gerollt.
Und wie lebt's sich im Alltag mit dem Hightech-Paket, Herr Schleiss? "Für die Frage bin ich eigentlich der falsche Ansprechpartner, denn ich fahre die CBX nicht jeden Tag. Ich habe mehrere Motorräder, und die CBX ist eindeutig mein Sonntags- und Schönwetterfahrzeug. Alltagstauglich und zuverlässig ist sie aber in jedem Fall, eigentlich dank der robusten Technik fast schon anspruchslos. Dass das Einstellen von 24 Ventilen und sechs Vergasern nach Zeit und Erfahrung verlangt, dürfte sich von selbst verstehen, aber damit leben CBX-Fans gerne, weil es ja eigentlich gerade diese Technik ist, die uns reizt. Und ganz ehrlich: Wen interessieren die Mühen angesichts von diesem Motor und diesem Sound?"

Lars Rosenbrock

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